Freizeitparks im Test

Thüle – In ein wärmendes Handtuch gewickelt klammert sich die zierliche Amy ganz
fest an den Arm von Tierpfleger Markus Müller und lässt sich behutsam mit der
Pipette füttern. Doch was so niedlich klingt, hatte eine traurige Vorgeschichte. Als das
kleine Katta-Baby geboren wurde, endete das Familienglück bereits nach einigen
Stunden. Amy war ein Frühchen und wog bei der Geburt gerademal 68 Gramm. Sie
war in kürzester Zeit völlig entkräftet, denn die Mama „Maeva“ war nicht in der Lage,
genügend Milch zu produzieren und verstieß das Junge. Amys Leben hing am
seidenen Faden. Tierparkchefin Alexandra Grothaus: „Da haben wir uns entschlossen,
das Baby von der Mutter zu trennen und eine Handaufzucht durchzuführen“. Dabei
sei erst überhaupt nicht sicher gewesen, ob es durchkommt, denn die Umstellung auf
die Handaufzucht bedeute für das Jungtier ungemein viel Stress. „Es ist ja nicht nur,
dass das Junge nun lernen muss, Menschen als Sozialpartner zu akzeptieren, sondern
auch die Futterumstellung auf die Flasche“, so Grothaus.

Spontan entschied Tierpfleger Markus Müller (50): „Die nehme ich mit zu mir nach
Hause“. Auf was er sich da einließ, hat er da wohl nur geahnt. Vor allem die Nächte
bekamen von da an einen völlig neuen Rhythmus, denn alle zwei Stunden riss ihn der
Wecker aus dem Tiefschlaf: Das kleine Wesen verlangte nach einer Pipette mit
Babymilch. Gott sei Dank machte auch Markus` Lebensgefährtin Kerstin von Höfen
spontan bei der Nachtschicht mit und so wechseln sie sich seit einigen Wochen ab mit
der Fütterung der niedlichen Amy.

Alles ging glatt, bis das Frühchen eine lebensgefährliche Entzündung bekam. Erneut
stand ihr Leben auf des Messers Schneide. „Zum zweiten Mal war Amy fast tot“, sagt
der Tierpfleger. Aber das Paar gab nicht auf, und es gelang ihnen, auch diese Krise zu
meistern. Das Flaschenkind nahm wieder zu, heute wiegt es bereits fast das Dreifache
ihres Geburtsgewichts. Demnächst wird es nach und nach an andere Kost wie Brei
und Obst gewöhnt. Und immer mal wieder geht Markus mit ihr in das Katta-Gehege:
„Wir wollen nicht, dass sie sich zu sehr an Menschen gewöhnt, sondern an ihre
Artgenossen.“ Sie wird noch ein halbes Jahr weiter betreut, bevor Amy dann
dauerhaft ins Gehege kommt. Kattas sind eine Primatenart aus der Gruppe der
Lemuren. Sie bewohnen trockene Regionen im südwestlichen Madagaskar. Durch die
Zerstörung ihres natürlichen Lebensraumes und der Bejagung durch Menschen sind
sie in ihrem Bestand stark gefährdet.

Foto: Tier- und Freizeitpark Thüle/Martin Pille

Textquelle: Tier- und Freizeitpark Thüle (25.6.24)